Der Storno ist ganz generell die Richtigstellung oder - anders gesagt - eine nachträgliche Ergebniskorrektur. Im Versicherungswesen hat die Stornoreserve aber noch eine spezifische Bedeutung: Häufig wird nämlich von der verdienten Provision für den Versicherungsabschluss ein bestimmter prozentualer Anteil einbehalten.
Die Stornoreserve dient einer möglichen Stornohaftung für den Fall, dass der zunächst abgeschlossene Vertrag vom Versicherungsnehmer storniert wird oder aus anderen Gründen platzt. Insofern ist die Stornoreserve ein zwar rechtmäßig verdientes Geld, steht dem Vertreter oder Vermittler der Versicherungsgesellschaft allerdings nicht unmittelbar zur Verfügung.
In § 149 VAG (Versicherungsaufsichtsgesetz) ist die Haftungszeit für den Vertragsstorno geregelt. Demnach beträgt für den Versicherungsvertreter in jedem Einzelfall, also für jeden abgeschlossenen Vertrag die Stornohaftung fünf Jahre. Der grundsätzliche Anspruch auf Provision ist in § 87a HGB festgehalten.
Für den Versicherungsmakler stellen sich in diesem Zusammenhang gleich mehrere geradezu drängende Fragen.
Provision und Umsatzsteuer sind grundsätzlich ganz einfach zu handhaben. Als steuerpflichtige Einnahme unterliegt sie zu demjenigen Zeitpunkt der Einkommensteuerpflicht, zu dem sie vereinnahmt wird. Das geschieht mit der Gutschrift auf dem Geschäftskonto. Der Vertreter als natürliche Person des Privatrechts bilanziert nicht, sondern führt über seine geschäftlichen Einnahmen und Ausgaben eine steuerliche EÜR, die Einnahmeüberschussrechnung. Dabei werden alle Betriebseinnahmen sowie die betriebsbedingten Ausgaben in chronologischer Reihenfolge erfasst und am Jahresende saldiert.
Die Versteuerung der Reserve für Storni steht im direkten Zusammenhang mit der Art der Buchführung.
Für die EÜR gilt buchhalterisch das Prinzip des Geldzuflusses, bzw. der Überschuss, der am Schluss des Geschäftsjahres zu verzeichnen ist. Eine Einnahme ist alles, was dem Geschäftskonto gutgeschrieben wird. Das gilt sowohl für die Provision selbst als auch für die Stornoreserve. Sie ist in ihrem Ursprung ebenfalls eine Provision, die lediglich zeitversetzt, das heißt bis zu fünf Jahre später ausgezahlt wird. Die Versteuerung der Stornoreserve ist also erst dann fällig, wenn der Versicherer sie tatsächlich zahlt.
Sofern als Buchführung das Bilanzieren mit doppelter Buchführung gewählt wird, ist die Situation deutlich anders. Hier ist es entscheidend, wann die komplette Provision realisiert worden ist.
Realisieren bedeutet in diesem Sinne, dass der Anspruch entsteht, und zwar unabhängig davon, wann die Zahlung kassenwirksam durch Überweisung auf das Geschäftskonto geleistet wird. Die Stornoreserve wird vom Versicherer dem Stornoreservekonto gutgeschrieben und einbehalten. Ungeachtet dessen ist sie zu versteuern, und zwar zeitgleich mit dem Anspruch auf die Provision und deren Auszahlung.
Die Stornohaftung endet nach Ablauf der gesetzlichen Frist gemäß § 149 VAG. Damit endet auch die Stornohaftung des Versicherungsvertreters, um den es hier geht. Er hat nach § 87a HGB Provisionsanspruch, sobald und soweit der Versicherer das Geschäft ausgeführt hat. Gemeint ist damit der Vertragsabschluss mit Ausstellung der Police respektive des Versicherungsscheins.
Ganz allgemein gilt, dass die Stornoreserve in dem Moment ausgezahlt werden muss, zu dem keine rechtliche Notwendigkeit für die Stornohaftung aus der Versicherung mehr besteht. Im Alltag des Versicherungsvertreters wird oftmals darüber gestritten, ob die Stornoreserve für jeden haftungsbefreiten Vertrag ausgezahlt wird, oder ob sich die Auszahlung auf das gesamte Stornoreservekonto bezieht.
Die geltende Rechtsprechung gemäß den §§ 87a HGB und 307 BGB gibt dazu vor, dass sich die Stornohaftung für die Versicherung und somit die Reserve für Storni immer auf den individuellen Einzelvertrag bezieht. Der Versicherer muss jede einzelne Stornoreserve nach Ablauf der jeweils fünfjährigen Stornofrist auszahlen.
Dieses erfahrungsgemäß leidige Thema ist ebenfalls richterlich entschieden, wenngleich es sich dabei um konkrete Einzelfälle handelt.
Wenn der Versicherer bislang nach Recht und Gesetz gehandelt und die haftungsfreien Reserven für alle Storni bereits ausgezahlt hat, dann stellt sich die Frage zur Auszahlung der Stornoreserve nach dem Ausscheiden gar nicht. Der Versicherer ist allerdings in der Pflicht, nachzuweisen, dass die jetzige Einbehaltung von weiteren Stornoreserven in jedem einzelnen Fall sachlich richtig und berechtigt ist.
Anders ist die Situation, wenn als Reserve für Storni die Gesamtsumme des Stornoreservekontos einbehalten wird. Nach geltender OLG-Rechtsprechung ist es ausreichend, wenn der Versicherungsvertreter die sachliche und rechnerische Richtigkeit des Kontos als solches infrage stellt.
Der Versicherer muss in der Folge jeden einzelnen Reservestorno begründen, die Richtigkeit nachweisen und ggf. Rückstände ausgleichen. Liegen beispielsweise einige Storni mehr als fünf Jahre zurück, dann müssen sie an den ausgeschiedenen Mitarbeiter ausgezahlt werden. Eine Verrechnung mit Provisionsansprüchen seinerseits ist rechtswidrig.
“Wann muss die Stornoreserve ausgezahlt werden?“ - Diese Frage muss in jedem Einzelfall und dort wiederum für jeden einzelnen Reservestorno geprüft und fallspezifisch beantwortet werden. Das ist mühsam, kostet Zeit sowie Manpower und ist die beste Gelegenheit für den ehemaligen Mitarbeiter, um der Versicherungsgesellschaft ein Vergleichsangebot zu machen, bei dem er in der Regel nicht schlecht oder positiv formuliert gut abschneidet.