Scheiden tut weh, auch bei ärztlichen und zahnärztlichen Gemeinschaftspraxen. Eine alte Binsenweisheit lehrt: Scheiden tut weh. Was für die Ehe gilt, ist für die Trennung beruflicher Gemeinschaften nicht anders.
Im ärztlichen und zahnärztlichen Bereich hat es sich herumgesprochen:
Durch die Gründung von beruflichen Gemeinschaften, wie zum Beispiel der Gemeinschaftspraxis und der Praxisgemeinschaft, lassen sich die fixen Kosten der teilnehmenden Zahnärzte erheblich senken. Doch manche Partner stellen, teilweise schon nach sehr kurzer Zeit und
aus den unterschiedlichsten Gründen, fest, dass sie nicht mehr zusammen arbeiten können und suchen die Trennung.
Die Frage der Trennung ist meistens im Gesellschaftsvertrag geregelt. Fehlt hier jedoch eine entsprechende Regelung, so gelten bei Gemeinschaftspraxen und Praxisgemeinschaften die Regelungen des bürgerlichen Gesetzbuches. Diese sind nicht immer einfach und führen häufig zur Zerschlagung von Vermögenswerten. Oft kommt es zu Problemen bei der Auslegung der entsprechenden Trennungsklauseln im Vertrag. Einvernehmliche Auseinandersetzung !
Die Parteien setzen sich an einen Tisch und finden eine Regelung, die sie beide – unabhängig von Vertrag und Gesetz – für angemessen erachten. Dabei ist es hilfreich, wenn die Parteien einen Schlichter einsetzen, der etwas
vom Medizin- und Gesellschaftsrecht versteht. Die Parteien müssen eines immer im Auge behalten: Schaffen sie an ein oder zwei Nachmittagen keine Reglung und schließt sich eine gerichtliche Auseinandersetzung an, so wird das Thema Trennung noch Jahre später auf der Tagesordnung stehen.
Der Prozess um die Auseinandersetzung vor einem deutschen Gericht dauert üblicherweise deutlich länger als zwei Jahre. In Deutschland gibt es für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten die so genannten Kammern für Handelssachen. Diese Kammern sind aber leider nicht für Ärzte und Zahnärzte zuständig, da sie nur von Kaufleuten angerufen werden dürfen, aber nicht von Ärzten, da diesen die notwendige Kaufmannseigenschaft fehlt.
Damit kümmern sich bei Gericht Richter um die hoch komplizierten gesellschaftsrechtlichen Vorgänge der Trennung von Gesellschaften, die sonst mit anderen zivilrechtlichen Materien betraut sind. Wen wundert es da, dass diese Richter diese Verfahren oft „schieben“, bis ein Nachfolger die Kammer übernimmt oder die Kammer neu besetzt wird. Aber auch der Nachfolger brennt nicht darauf, den Fall zu lösen, sondern wird ihn mit dem Argument der Überarbeitung erst einmal sehr spät terminieren.
Zwei Zahnärzte arbeiteten in der Form einer Praxisgemeinschaft mit Gewinnpooling zusammen, das heißt, die Gewinne der beiden Praxen werden am Jahresende zusammengerechnet und geteilt. Bei einer Prüfung stellte die KZV dies fest und forderte wegen der Rechtswidrigkeit dieser vertraglichen Konstruktion erhebliche KZVZahlungen zurück.
Hierüber kam es zum Streit der Gesellschafter. Da nur einer der Partner Inhaber des Mietvertrages war, zog der andere Partner aus den Räumlichkeiten aus. Er ging davon aus, dass er für das zurückgelassene gemeinschaftliche Anlagevermögen eine angemessene Abfindung erhalten würde.
Der verbleibende Zahnarzt teilte jedoch mit, dass er eine solche nicht zahlen müsse und dass er ganz im Gegenteil noch Geld zu bekommen habe. Anhand der Jahresabschlüsse zeigte sich aber, dass der verbleibende Zahnarzt während des Bestehens der Praxis deutlich mehr Geld entnommen hatte als der ausscheidende Kollege. Dem ausscheidenden Zahnarzt steht (mittlerweile seit Jahren) eine Abfindung zu.
Durch die Verfahrensdauer musste er Jahre auf die Zahlung der Abfindung warten, zahlte aber während der Verfahrensdauer seine Kreditzinsen für das früher gemeinschaftliche Engagement und hat zudem seine Praxis neu eingerichtet und finanziert. Das wiederum führt zu einer Gesamtverschuldung, die eine normale Zahnarztpraxis häufig nicht mehr bedienen kann. Hätten die Gerichte das Verfahren in einer angemessenen Zeitdauer entschieden, dann hätte der ausscheidende Zahnarzt auch schneller seine Abfindung bekommen und seine Kreditschulden frühzeitig reduziert.
Der Fall zeigt exemplarisch: Man muss eine gesellschaftsvertragliche Regelung finden, damit es nicht auf eine Entscheidung durch die Gerichte ankommt. Hier bietet sich ein zweistufiges Modell an: In der ersten Stufe wird eine Gesellschafterversammlung einberufen, an der ein Schlichter teilnimmt, der Sachverstand hat und auf die Parteien vermittelnd einwirkt. Schlichter kann zum Beispiel ein Fachanwalt für Gesellschafts- oder Medizinrecht sein.
Scheitert der Schlichtungsversuch, so sollte in einer zweiten Stufe ein Schiedsgericht eingesetzt werden, das an Stelle der staatlichen Gerichte eine den Streit beendende Entscheidung trifft. Schiedsrichter kann durchaus der zuvor eingesetzte Schlichter sein, sofern er die Befähigung zur Ausübung des Richteramtes hat. Sollte jedoch eine Partei die nachvollziehbare Auffassung vertreten, dass der Schlichter nicht unparteiisch gehandelt hat, so kann auf Antrag von nur einer der Parteien ein neuer Schiedsrichter vom Präsident der zuständigen Zahnärztekammer benannt werden. Dieses Schiedsgericht wird seine Arbeit schneller erledigen als ein staatliches Gericht.
Nach dem Gesetz wird die Gesellschaft bürgerlichen Rechts liquidiert. Das heißt, sie kommt in das Auseinandersetzungsverfahren, wenn einer der Partner kündigt, stirbt oder wenn die Gesellschaft ihren Zweck, etwa wegen dauernder Berufsunfähigkeit eines Partners, nicht mehr erreichen kann. Nach dem Gesetz wird die Gesellschaft bei Eintritt eines Auflösungsgrundes nicht fortgeführt, es sei denn der Vertrag sieht eine Fortsetzung vor. Bei der Liquidation sind zunächst alle bestehenden Behandlungsverträge zu Ende zu bringen. Zudem sind alle Verträge (Mietverträge, Arbeitsverträge usw.) zu kündigen und die gemeinschaftlichen Schulden zu bezahlen. Alle Vermögenswerte müssen daher zu Geld gemacht werden, das heißt Forderungen sind einzuziehen und das Inventar ist zu verkaufen. Letzteres wird dann zum Problem, wenn einer der Partner nicht mitwirkt, die Geräte zum Beispiel an einen Dentalausstatter oder einen der Partner zu veräußern. Gelingt keine einvernehmliche Veräußerung, so gelten die Regeln des Pfandverkaufs gemäß § 1228 ff. BGB in Verbindung mit den Regelungen zum Bruchteilseigentum §§ 752, 753 BGB. Die Gegenstände sind hierbei von den Streitparteien an einen gemeinsamen Verwahrer herauszugeben. Das kann nach § 1231 BGB auch ein Gerichtsvollzieher sein. Anschließend werden dann die Gegenstände versteigert.
Wenn alles zu Geld gemacht ist und die Schulden nicht bezahlt werden können, dann ist der Restbetrag nach Köpfen von den Gesellschaftern auszugleichen. Verbleibt ein Überschuss, so steht dieser den Gesellschaftern nach Köpfen zu. Dieser Grundsatz wird in der Praxis aber häufig durchbrochen: Aus der Schlussbilanz ergeben sich häufig unterschiedliche Kapitalkonten der Gesellschafter. Auf dem Kapitalkonto werden die Gewinne, Verluste und die Einlagen und Entnahmen eines Gesellschafters verbucht. Hat ein Gesellschafter während der Laufzeit mehr entnommen als der andere, so hat er rechnerisch diesen Anteil der Gesellschaft zur Verfügung zu stellen, bevor dann der Ausgleich nach Köpfen erfolgt. Beispiel: Nach Verwertung des gesamten Vermögens verbleiben 5.000 Euro gemeinschaftliche Schulden. Ein Gesellschafter hat ein negatives Kapitalkonto von 5.000 Euro. Der andere Gesellschafter hat ein Kapitalkonto von null Euro. In diesem Fall müssen nicht beide Gesellschafter 2.500 Euro einzahlen. Vielmehr muss der Gesellschafter mit dem negativen Kapitalkonto die Schuld begleichen, und dann ist die Gesellschaft voll beendet.
Abweichende vertragliche Regelungen!
Die Versteigerung des Gesellschaftsvermögens ist wirtschaftlich wenig sinnvoll. Beispielweise wäre es bei einer gleichzeitigen Beendigung des Mietvertrages unter Umständen sinnvoll, wenn jeder der Gesellschafter sein bisheriges Behandlungszimmer übernimmt (Realteilung). Das geht häufig nur, wenn beide Gesellschafter beruflich tätig bleiben. Gesellschaftsverträge sehen hiervon abweichend regelmäßig vor, die Gesellschaft bei Kündigung oder Tod unter den verbleibenden Gesellschaftern fortzusetzen. Bei zwei Gesellschaftern kann vereinbart werden, dass der verbleibende Gesellschafter alle Aktiven und Passiven übernimmt.
Der weichende Gesellschafter erhält in diesen Fällen meist ein Abfindungsguthaben. Gerade bei der zweigliedrigen Gesellschaft ist aber – außer im Falle von Tod oder Berufsunfähigkeit – schwer zu entscheiden, wer zum Beispiel bei einer Kündigung aus der Gesellschaft gehen muss.
Nicht immer hat der Kündigende sich etwas zu schulden kommen lassen, oft war es der andere Gesellschafter, der die Kündigung herausgefordert hat. In solchen Fällen wird häufig geregelt, dass nicht der Kündigende, sondern der andere Gesellschafter die Gesellschaft verlassen muss, wenn in seiner Person ein Ausschließungsgrund vorgelegen hat.
Gerade in der Situation von Junior- und Seniorpartnerschaft erkennt es die Rechtsprechung an, dass der Gesellschaftsvertrag es dem Senior während der Zeit des Kennenlernens zubilligt, den Junior aus der Praxis hinauszukündigen. Die Dauer des Kennenlernens dürfte regelmäßig auf einen Zeitraum von maximal drei Jahren beschränkt sein.
Wenn aber schon solche Fortsetzungsklauseln im Vertrag enthalten sind, muss zudem an die Zahlung einer angemessene Entschädigung gedacht werden. Auch sollten der oder die verbleibenden Gesellschafter durch den Abfindungsanspruch nicht in große wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Während letzteres durch Stundungsklauseln vertraglich geregelt werden kann, ist die Frage nach der angemessenen Abfindung schwerer zu beantworten, weshalb häufig die Bewertung durch Sachverständige erfolgt. Oft werden die Abfindungsklauseln zusätzlich von der Einhaltung von Wettbewerbsverboten abhängig gemacht. Denn wenn der frühere Partner nebenan eine eigene neue Praxis eröffnet und damit auch Patienten mitnimmt, dann sollte man ihm dies nicht auch noch durch eine hohe Abfindung vergolden.
Um Streitigkeiten zu vermeiden, sollte gesellschaftsvertraglich vorgeben sein, welches Bewertungsverfahren durchzuführen ist. In Frage kommt unter anderem das Ertragswertverfahren, welches sich an den künftigen Erträgen der Praxis orientiert. Gegenstück ist die Ärztekammermethode, die der Berechnung die Honorarumsätze der vergangenen drei Jahre zu Grunde legt. Dazwischen gibt es noch eine Vielzahl anderer Verfahren, die der Sachverständige gegebenenfalls anwendet. Damit wird natürlich nur der Unternehmenswert festgesetzt.
Daneben ist aber noch eine Bilanz zum Stichtag aufzustellen, aus welcher sich alle sonstigen Abfindungsfragen ergeben. Bewertungsgutachten und Bilanz ergeben sodann den Wert des Anteils des ausgeschiedenen Gesellschafters.
Leider zeigt aber auch die Praxis, dass man nicht alle auftretenden Probleme zu 100 Prozent vertraglich regeln kann. Es wird dann sicherlich darauf ankommen, mit wem man den Vertrag geschlossen hat. Daher gilt, dass man stets vor Zeichnung des Gesellschaftsvertrages zunächst einmal seinen Partner prüft und nicht überstürzt einen solchen Vertag eingeht. Die Prüfung kann zum Beispiel bei einem Juniorpartner leicht durchgeführt werden: Der Junior wird zunächst als Entlastungsassitent tätig. Danach wird er in einer zweiten Stufe Gesellschafter, ist aber noch nicht am Gesellschaftsvermögen beteiligt. Im Falle des Ausscheidens erhält er in dieser Stufe keine Abfindung. Erst nach Ablauf der Probezeit würde er eine Einlage in das Gesellschaftsvermögen leisten oder einen Teil des Vermögens dem Senior abkaufen. Erst ab diesem Zeitpunkt wäre er abfindungsberechtigt.