Wann sind Massenabmahnungen wirklich welche?
Werden immer wieder Mahnschreiben bezüglich gleicher oder ähnlicher Fälle abgeschickt, so kommt der Verdacht auf, dass es sich um Massenabmahnungen oder Serienabmahnungen handeln könnte. Gerade durch die Vielzahl von Internettauschbörsen für Musik oder Filme kommt es fortwährend zu solchen Abmahnungen bezüglich des Unterlassens von Herunterladen urheberrechtlich geschützter Werke. Taucht dabei eine bestimmte Kanzlei als Absender verdächtig oft auf, steht die Vermutung von Massenabmahnungen im Raum.
Dass bei verschiedenen Personen eine Abmahnung gleichen Inhalts auftaucht, begründet nicht sofort den Verdacht rechtswidriger Massenabmahnungen. Da das illegale Herunterladen von Musik und Filmen heutzutage weit verbreitet ist, sind notwendiger Weise auch häufiger Abmahnungen des gleichen Inhalts zu verfassen. Somit kann nicht nur die Masse an sich als Indiz für das Vorliegen von Massenabmahnungen herhalten und ausreichen.
Typisch für rechtswidrige Massenabmahnungen ist daher abgesehen von der Häufigkeit des Auftretens, dass diese innerhalb von kurzer Zeit ausgesprochen werden und damit die Abgemahnten fast gleichzeitig erreichen. Es ist auch verdächtig, wenn die Abmahnungen sprachlich so abstrakt formuliert sind, dass das Gefühl aufkommt, sie könnten für etwaige andere Fälle genauso verwendet werden. Ergibt dann eine weitere Recherche, dass der Abmahnende wirtschaftlich kaum bis gar nicht tätig ist, die Gebühren für den Rechtsanwalt und die Vertragsstrafe aber gleichzeitig überzogen hoch angesetzt sind, kann dies als weiteres Indiz für das Vorliegen von rechtswidrigen Massenabmahnungen gewertet werden.
Das Landgericht Dortmund hat in seinem Urteil vom 6. August 2009 (Aktenzeichen: 19 O 39/08) der Beklagten, welche sich gegen die von ihr geforderten Abmahnkosten wegen wettbewerbsrechtlichen Verstoß wehrte, Recht gegeben. Die Beklagte war der Meinung, die Klägerin handele rechtmissbräuchlich, da im Jahr 2008 von ihr mehr als 69 Abmahnungen ausgesprochen wurden.
Die Richter entschieden, dass die von der Beklagten ausgesprochenen Abmahnungen rechtsmissbräuchlich und unberechtigt seinen. In ihrer Begründung führten sie aus, dass die Klägerin die Abmahnungen mit dem Ziel der Gewinnmaximierung betreiben würde. Dafür spreche insbesondere, dass einem Jahresumsatz von etwa 73.000 Euro durch die Abmahnungen ein Aufwand von fast 60.000 Euro gegenübersteht. Dieses Verhältnis zeige, dass wettbewerbsrechtliche Interessen nicht der Hauptgrund der Klägerin für das Abmahnverhalten sein können.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich in seinem Urteil vom 17. Juli 2008 mit der Frage beschäftigt, inwiefern die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes bei einer Vielzahl von gleichartigen Verstößen erforderlich und notwendig ist (Aktenzeichen: I ZR 219/05). Denn nur wenn diese Voraussetzungen vorliegen, kann der Verletzte von dem Abgemahnten auch etwaige Rechtsanwaltskosten ersetzt verlangen gemäß § 670 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).
In dem zugrunde liegenden Fall, wendete sich ein Abgemahnter gegen die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes für das Verfassen von vermeintlichen Serienabmahnungen. Zur Begründung führte er an, die Mahnungen hätten auf Grund ihres immer wieder gleich lautenden Inhalts, mit Hilfe von Textbausteinen in Routinemäßiger Arbeit einfach und schnell bewältigt werden können, so dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes gerade nicht erforderlich war.
Der BGH entschied zu Gunsten des Abmahnenden und legte fest, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes immer dann rechtmäßig sei, wenn es sich um eine große Anzahl von zu verfolgenden Rechtsverstößen handelt. Gerade die erhebliche Anzahl der notwendigen Abmahnungen hat die Konsequenz, dass der Verletzte nicht seine eigenen Mitarbeiter mit zeitaufwendigen Abmahnungen betrauen muss, sondern die Beauftragung eines Rechtsanwaltes für erforderlich halten darf.