Das Bundessozialgericht hat am 03.11.2021 mit der Entscheidung B 11 AL 6/21 R die bisherige Handhabung der Bundesagentur für Arbeit bei der Berechnung von Kurzarbeitergeld für Grenzgänger verworfen und damit eine Benachteiligung französischer Grenzgänger bei Bezug von deutschem Kurzarbeitergeld beseitigt.
Kurzarbeitergeld ist für in Deutschland ansässige Arbeitnehmer deutscher Unternehmen steuerfrei. Bei der Bemessung des Kurzarbeitergeldes werden jedoch Abzüge in Höhe der Lohnsteuer bei der Ermittlung des Leistungsentgeltes vorgenommen. Bei einem Arbeitnehmer, der in Deutschland arbeitet und in Frankreich wohnt und die sonstigen Voraussetzungen für einen Grenzgänger erfüllt, unterliegt der in Deutschland erzielte Arbeitslohn nicht der Besteuerung in Deutschland, sondern der Besteuerung in Frankreich.
Kurzarbeitergeld ist nach französischem Steuerrecht im Gegensatz zum deutschen Steuerrecht der Lohnversteuerung unterworfen. Bei der Ermittlung des Kurzarbeitergeldes nach § 153 SGB III hat die Bundesagentur für Arbeit bisher diesen Grenzgänger, obwohl der Grenzgänger in Deutschland keine Lohnsteuer schuldete, fiktiv der Steuerklasse I unterworfen und so einen fiktiven Lohnsteuerabzug in Ansatz gebracht. Es wurde damit argumentiert, es liege eine Gesetzeslücke vor, die insoweit zu schließen sei.
In der Praxis führte dies dazu, dass der Grenzgänger bei der Ermittlung der Höhe des Kurzarbeitergeldes einen Abzug für eine fiktive, von ihm nicht geschuldete, deutsche Lohnsteuer akzeptieren musste, anschließend aber sein Kurzarbeitergeld in Frankreich versteuern musste.
In einem von unserer Kanzlei geführten Verfahren hat das Bundessozialgericht diese Handhabung beanstandet, nachdem der Bundesagentur für Arbeit noch vom Sozialgericht Freiburg und dem Landessozialgericht Baden-Württemberg Recht gegeben worden war.
Das Bundessozialgericht hat klargestellt, dass keine Gesetzeslücke vorliegt, und dass mangels zuzuordnender Steuerklasse der sich nach § 153 SGB III ergebende Abzugsbetrag auf 0,00 € festzusetzen ist. Eine Gleichbehandlung des Grenzgängers mit in Deutschland wohnenden und arbeitenden Arbeitnehmern würde möglicherweise eine mittelbare Diskriminierung darstellen, da Grenzgänger nicht der Lohnsteuerpflicht in Deutschland unterliegen und hier zu ihrem Nachteil wie in Deutschland Lohnsteuerpflichtige behandelt würden. Dies würde faktisch dazu führen, dass das Entgelt zweimal einem Einkommen- / Lohnsteuerrecht in Frankreich und Deutschland unterworfen würde.
Diese Entscheidung hat grundsätzliche Auswirkungen auf alle in Deutschland arbeitenden französischen Grenzgänger, soweit sie Kurzarbeitergeld beziehen.