Bereits 2006 hat sich das Bundessozialgericht (BSG) mit der Genehmigungspraxis der Krankenkassen bei der Verordnung einer Bobath-Vojta-Liege befassen müssen.
Die Therapie nach Bobath und Vojta wird von einem Physiotherapeuten auf einer besonderen Liege durchgeführt. Die Bewegungsübungen sind anstrengend und erfordern die Unterstützung einer Hilfsperson. Die Therapie findet mehrfach in der Woche statt und erstreckt sich über einen langen Zeitraum. Sie betrifft in der Regel Schlaganfallpatienten und Kinder mit gravierenden Bewegungsstörungen. Durchgeführt wird die Therapie auf einer Liege, die breiter als die gewöhnlichen ist, in der Höhe verstellt werden kann und über einen verstellbaren Kopf- und Fußteil verfügt. In seinen Praxisräumen verfügt ein Therapeut über die Bobath-Vojta-Liege. Sie ist nicht transportabel und eine Mitnahme zum Hausbesuch deswegen nicht möglich.
Ärzte, die eine Therapie nach Bobath oder Vojta verordnen, geben deswegen den Patienten ebenfalls eine Verordnung für die spezielle Bobath-Vojta-Liege. Die Krankenkassen lehnen die Kostenübernahme ab. Sie argumentieren, dass es sich um einen Bestandteil der Praxiseinrichtung des Therapeuten handelt. Eine transportable Variante soll sich dieser auf eigene Kosten anschaffen. Dies sei nicht Aufgabe des Patienten und seiner Krankenkasse. Die Liege stehe nicht im Hilfsmittelverzeichnis. Außerdem sei ein therapeutischer Nutzen gar nicht erkennbar, denn die Bobath-Vojta-Liege lasse sich bei der Therapie nach Bobath oder Vojta auch durch eine dicke Matratze oder Turnmatte ersetzen.
Zunächst stellte das BSG erneut fest, dass ein Hilfsmittel nicht immer dann ausscheidet, nur weil es nicht im Hilfsmittelkatalog steht. Dies ist ständige Rechtsprechung, die auch bei der Bobath-Vojta-Liege angewendet wird. Die Tatsache, dass die Liege Praxisausstattung ist, steht einer Übernahme der Kosten durch die Kasse ebenfalls nicht entgegen. Als erstattungsfähige Hilfsmittel scheiden nur die Gegenstände aus, die fest in der Praxis des Therapeuten oder in der Wohnung des Patienten eingebaut sind. Das ist bei einer Therapieliege nicht der Fall.
Auch wer sie benutzt, ist nicht entscheidend. Ein Argument der Kassen gegen die Kostenübernahme bestand darin, dass bei der Therapie nach Bobath und Vojta die Therapieliege schließlich nicht direkt am Körper des Patienten wirkt oder von diesem unmittelbar an sich angewendet wird. Aus diesem Grund könne es schon gar kein Hilfsmittel sein.
Danach reicht es aus, wenn der Erfolg der Behandlung durch die Liege gesichert wird oder sie zum Ausgleich einer Behinderung dient. Unterstützt sie eine dritte Person wie den Therapeuten oder einen Helfer dabei, den Therapieerfolg zu erreichen, so ist die Therapieliege ebenfalls ein Hilfsmittel, für das die Krankenkasse die Kosten übernehmen muss.
Die Bobath-Vojta-Liege fördert den Behandlungserfolg. Besonders hilflose Patienten wären ansonsten von der Versorgung mit Hilfsmitteln ausgeschlossen, wenn es immer nur darauf ankäme, ob sie die Mittel selbst und eigenhändig anwenden könnten. Für die Bobath-Vojta-Liege war bei der Entscheidung noch unklar, ob sie wirklich geeignet ist. Das BSG hat aber grundsätzlich der Kasse zu bedenken gegeben, dass durch den Einsatz im professionellen Bereich die Eignung nicht wirklich zweifelhaft sein kann.
Ein Schwerpunkt der Entscheidung ist dazu noch die Entlastung der Pflegepersonen, die bei Durchführung der Übungen auf einer Matratze oder Turnmatte in der eigenen Gesundheit beeinträchtigt werden. Eine ungeeignete Unterlage führt bei den regelmäßigen und anstrengenden Übungen für die Hilfsperson zu einer Zwangshaltung. Dies ist eine Gesundheitsgefährdung, die durch die Verordnung der Therapieliege vermieden wird.
Das Urteil des BSG ist allen Kassen bekannt und muss bei der Prüfung der Kostenübernahme einbezogen werden. Nach den Regelungen des Sozialgesetzbuches (SGB) ist in Buch V § 33 SGB vorgesehen, dass die Kassen für Hilfsmittel aufkommen müssen, wenn sie - wie auch vom BSG angeführt - den Behandlungserfolg sichern, dem Ausgleich einer Behinderung dienen oder eine drohende Behinderung durch ihren Einsatz noch abwenden können.
Die Ausnahme, auf die auch das BSG hingewiesen hat, ist dann gegeben, wenn das benötigte Hilfsmittel ein alltäglicher Gegenstand ist, der als Gebrauchsgegenstand einzustufen ist. Eine genaue Definition gibt es nicht, was ein derartiger Gebrauchsgegenstand ist. Allerdings liegen mittlerweile Gerichtsentscheidungen vor, die die Definition genauer mit Beispielen füllen. Eine weitere Ausnahme ist noch zu beachten, wenn der benötigte Gegenstand als kostengering und nur mit minimalem therapeutischen Nutzen in der entsprechenden Verordnung gelistet ist. Eine Kostenübernahme durch die Kasse fällt dann weg.
Um nicht später eine aufwendige Kostenerstattung vorantreiben zu müssen, ist jedes Hilfsmittel zunächst mit einer ärztlichen Verordnung und einem Kostenvoranschlag bei der zuständigen Kasse zu beantragen. Nachträglich ist eine Erstattung nur dann möglich, wenn die Anschaffung dringend war und die Entscheidung der Krankenkasse nicht abgewartet werden konnte. Nachträglich muss die Kasse auch zahlen, wenn sie die Leistung zuerst abgelehnt hat und sich am Ende herausstellt, dass dies nicht rechtmäßig war.