Überblick über die Mängelhaftung im Werkvertragsrecht.
Immer wieder kommt es vor, dass die erbrachte (Werk)Leistung nicht den Erwartungen der Auftraggeber beziehungsweise den vertraglichen Vereinbarungen entspricht. Wer allerdings wann für einen Mangel haften muss, ist nicht selten Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. Dabei entscheidet oftmals die Beweislast über den Ausgang eines Prozesses, das heißt ob der Auftraggeber beweisen muss, dass Mängel vorliegen oder der Auftragnehmer zu beweisen hat, dass eben keine Mängel vorliegen.
Häufig wird der Auftragnehmer aufgefordert, (vermeintliche) Mängel zu beseitigen. Wird dies binnen einer gesetzten Frist oder nach gewissem Zeitablauf nicht erledigt, legen Auftraggeber nicht selten selbst Hand an und beseitigen die Beeinträchtigungen. Oder sie beauftragen ein anderes Unternehmen, um die Fehler des Erstunternehmers zu korrigieren.
Wichtig für den Auftraggeber ist allerdings, dass zunächst eine konkrete Mangelrüge mit der Aufforderung zur Beseitigung innerhalb einer angemessenen Frist notwendig ist, um die Voraussetzungen für einen Ersatzanspruch gegen den Erstunternehmer zu schaffen beziehungsweise gegen noch offene Werklohnansprüche aufzurechnen. Allerdings genügt dazu nicht allgemein die Aufforderung, dass Mängel zu beseitigen sind. Vielmehr muss gemäß der so genannten Symptomrechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) zumindest das Mangelbild aus Sicht eines Laien beschrieben werden, damit der Auftragnehmer wenigstens die Mangelfolgen nachvollziehen kann.
Es sollte jedenfalls eine konkrete Frist – also eine genaue Zeitspanne oder ein Endzeitpunkt – gesetzt werden. Um Schwierigkeiten beim Beweis des Zugangs der Aufforderung zu vermeiden, sollten Formulierungen wie „innerhalb 14 Tagen nach Zugang dieser Aufforderung“ vermieden werden. Für den genauen Fristbeginn beziehungsweise für den Zugang der Mängelrüge ist der Auftraggeber beweisbelastet. Hier empfiehlt es sich, ein genaues Datum anzugeben, bis wann die Mangelbeseitigung erfolgen muss. Dem Auftraggeber ist in der Regel an einer möglichst zeitnahen Beseitigung der Mängel gelegen. Vorsicht ist trotzdem hinsichtlich der Bemessung der Frist geboten, da eventuell Zeiten für Material-/Ersatzteilbeschaffung, allgemeine Auftragslage und so weiter dazu führen können, dass die vom Auftraggeber angesetzte Frist zu kurz ist. Entbehrlich ist die Fristsetzung hingegen nur in engen Ausnahmefällen.
Es besteht wahlweise die Möglichkeit zur Selbstvornahme und Ersatz der dadurch entstandenen Kosten oder auf Vorschuss für die voraussichtlichen Mangelbeseitigungskosten (§§ 634 Nr. 2, 637 BGB), zur Minderung des Werklohns (§ 634 Nr.3, 638 BGB) oder zum Rücktritt vom Vertrag (§ 634 Nr. 3 i. V. m. §§ 323 ff. BGB). Weiter stehen dem Auftraggeber auch Ersatzansprüche für solche Schäden zu, die nicht in der mangelhaften Leistung selbst liegen (beispielsweise Minderwert), sondern neben der Leistung entstanden sind (Kosten für Schäden an anderen Gewerken durch Mängel der Leistung).
Wichtig ist, dass die Mangelhaftungsansprüche mit Ausnahme des Schadensersatzanspruchs kein Verschulden des Auftragnehmers erfordern, da er grundsätzlich für den Eintritt des durch Werkvertrag geschuldeten Erfolgs haftet. Gerade an dieser Stelle wägen sich die Auftragnehmer oftmals in Sicherheit, weil sie davon ausgehen, dass ohne ihr Verschulden hinsichtlich der Mangelhaftigkeit dem Auftraggeber auch kein Gewährleistungsanspruch zusteht. Jedoch gilt es zu beachten, dass zum Beispiel auch die fehlende Kenntnis bestimmter örtlicher Begebenheiten (etwa besonders hoher Grundwasserspiegel oder ähnliches) den Auftragnehmer nicht entlastet.
Grundsätzlich besteht eine Pflicht zur Abnahme (Annahme des Werks als im Wesentlichen vertragsgemäß), wenn das Werk (mangelfrei) fertig gestellt wurde. Allerdings berechtigt nicht jeder Mangel zur Verweigerung der Abnahme, sondern allenfalls erhebliche Mängel. Ebenso wenig kann die Abnahme verweigert werden, wenn nur noch unwesentliche Restarbeiten zu erledigen sind.
Während der Auftragnehmer im Zweifel bis zur Abnahme die Mangelfreiheit seines Werks beweisen muss, hat der Auftraggeber nach vorbehaltloser Abnahme die Mangelhaftigkeit zu beweisen. Dies ändert sich insbesondere auch im Fall der Selbstvornahme nicht. Das heißt bei entsprechender Mangelrüge des Auftraggebers vor Abnahme, Abnahmeverweigerung, fruchtlosem Ablauf der Nacherfüllungsfrist und anschließender Selbstvornahme muss der Auftragnehmer die Mangelfreiheit seines Werks beweisen, um die Ersatzansprüche abzuwehren.
Dies wird ihm jedoch regelmäßig nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten gelingen.
Dementsprechend ist der Auftragnehmer mit einer Dokumentation bereits während der Ausführung - spätestens jedoch nach Mangelrüge durch den Auftraggeber - gut beraten, um im Streitfall die Mangelfreiheit seiner Leistung beweisen zu können. Andernfalls läuft er Gefahr, dass er sich der Forderung des Auftraggebers ausgesetzt sieht, der aber nicht einmal einen Mangel beweisen muss.
Oberstes Gebot für den Auftraggeber ist hingegen die umfassende und sofortige (möglichst schriftliche) Mängelrüge gemeinsam mit der Aufforderung zur Nacherfüllung unter Fristsetzung. Werden im Rahmen der Abnahme Mängel sichtbar, ist die Abnahme nur unter Vorbehalt der zu protokollierenden Mängel zu erklären, wenn die Mängel nicht sogar so erheblich sind, dass sie zur Verweigerung der Abnahme berechtigen.