Sind Trainer im Amateursport Arbeitnehmer? Dies hängt oft von der Vergütung ab. Ausschlaggebend ist außerdem, ob er unabhängig oder weisungsfrei handelt.
Die für die Praxis hoch interessante Frage, ob Trainer im Amateurfußball als Arbeitnehmer zu qualifizieren sind, wurde bisher noch nicht höchstrichterlich entschieden. Die Arbeitsgerichte haben in der Vergangenheit hierzu tendenziell die Auffassung vertreten, dass Amateurtrainer keine Arbeitnehmer sind (vgl. LAG Frankfurt, Urteil vom 27.10.1964 – 5 Sa 136/64; LAG Düsseldorf, 26.03.1992 – 7 Ta 20/92, LAGE § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 25; LAG Köln, Beschluss vom 01.08.1997 – 11 Ta 106/97, BeckRS 1998, 41465.
In jüngerer Zeit ist jedoch zu beobachten, dass auch im Amateurbereich tätige Trainer von den Instanzgerichten vermehrt als Arbeitnehmer qualifiziert werden (vgl. LAG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 07.07.2014 – 3 Ta 21/14, NZA-RR 2014, 492; LAG Köln, Urteil vom 04.05.2012 – 4 Sa 56/12, BeckRS 2012, 73133; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.04.2006 – L 1 KR 31/04, SpuRt 2008, 126).
Ob Amateurtrainer Arbeitnehmer sind, bemisst sich an § 611a Abs. 1 BGB. Danach ist Arbeitnehmer, wer im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen. Weisungsgebunden ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Für die Feststellung, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt, ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen.
Die Arbeitnehmereigenschaft eines im Amateurbereich tätigen Trainers muss zunächst zweistufig überprüft werden.
Auf der ersten Stufe ist zunächst zu ermitteln, ob der Trainer ehrenamtlich, oder gegen eine vertraglich geregelte Vergütung tätig wird (vgl. Reiserer, in: MAH-ArbR, 4. Aufl. 2017, § 6 Rn. 69). Arbeitnehmer kann nämlich nur sein, wer einen entgeltlichen Vertrag mit dem Verein hat, in dem er sich zur Arbeitsleistung verpflichtet. Keine Arbeitnehmer sind daher solche Trainer, die ohne vertragliche Verpflichtung allein aufgrund ihrer Vereinsmitgliedschaft tätig sind (vgl. Walker, SpuRT 2015, 94 (97)). Selbst im Amateurbereich schließen die Parteien in den meisten Fällen Verträge, in denen eine Grund- und sogar Prämienvergütung vereinbart ist. Trainer führen ihre Tätigkeit also selbst im Amateurbereich mit Erwerbsabsicht aus. Abweichendes dürfte nur dann gelten, wenn der Trainer lediglich eine sog. „Aufwandsentschädigung“ erhält, durch die seine auf der Trainertätigkeit beruhenden Aufwendungen pauschal abgegolten werden (vgl. LAG Köln, Urteil vom 04.05.2012 – 4 Sa 56/12, BeckRS 2012, 73133) In diesem Fall erhält der Trainer vom Verein keine Gegenleistung für seine Tätigkeit.
Steht fest, dass der Trainer nicht lediglich ein Ehrenamt ausübt, muss auf der zweiten Stufe anhand der Kriterien des § 611a Abs. 1 BGB die klassische Abgrenzungsfrage beantwortet werden, ob dieser als freier Dienstnehmer oder als Arbeitnehmer tätig wird. Auf den ersten Blick scheint der Trainer einer Amateurmannschaft nicht unbedingt die Kriterien des in § 611a Abs. 1 BGB niedergelegten Arbeitnehmerbegriffs zu erfüllen. Bei der inhaltlichen Ausgestaltung der sportlichen Tätigkeit ist er nämlich in der Regel nicht weisungsgebunden. Er gestaltet die Abläufe und Inhalte des Trainings nach seinem Geschmack, er legt das Spielkonzept und die Spieltaktik nach seiner Überzeugung fest und entscheidet frei über die Aufstellung der Mannschaft. Die fachliche Weisungsfreiheit spricht somit gegen die Arbeitnehmereigenschaft.
Allerdings gilt es zu beachten, dass ein Trainer Weisungen des Vereins hinsichtlich der Arbeitszeit und des Arbeitsortes Folge leisten muss und sich in das Organisationsgefüge des Vereins eingliedert.
In den seltensten Fällen kann ein Trainer im Amateursport seine Tätigkeit gänzlich frei ausüben. Logistisch und organisatorisch ist er gewissen Einschränkungen unterworfen.
Der Trainer ist an die Lokalitäten seines Vereins gebunden. Der Verein gibt vor, dass die Trainingseinheiten auf dem Vereinsgelände abgehalten werden müssen. Somit hat der Trainer keine Möglichkeit den Trainingsort selbst zu bestimmen. Ist der Trainer aber verpflichtet, seine Dienste an einem bestimmten Ort zu erbringen, den er nicht selbst bestimmen kann, so spricht das für ein Arbeitsverhältnis (allg. für Arbeitnehmer, vgl. Preis, in: ErfK, 19. Aufl. 2019, § 611a BGB Rn. 38)
Ferner ist der Trainer im Amateurbereich im besonderen Maße an die vom Verein vorgegebenen Trainingszeiten hinsichtlich des Wochentags und der Tageszeit gebunden. In der Regel gibt der Verein die wöchentlichen Trainingszeiten vor, wie beispielsweise Montag, Mittwoch und Donnerstag, 18:30 Uhr bis 20:00 Uhr. Denn während im Profifußball für das Training der ersten Seniorenmannschaft eigene Plätze zur Verfügung gestellt werden und somit bei den Trainingszeiten eine Ungebundenheit besteht, müssen sich im Amateurbereich die Jugend-, Senioren- und Altherrenmannschaften regelmäßig ein oder zwei Plätze teilen. An welchen Tagen und zu welcher Uhrzeit eine Mannschaft im Amateurbereich auf dem Sportplatz trainieren kann, ist daher vom Verein meistens klar mittels eines Belegungsplans bestimmt, an den der Trainer gebunden ist. Für den Trainer besteht somit nicht die Möglichkeit, nach eigenem Gutdünken Termine wahrzunehmen, was auch für eine abhängige Beschäftigung spricht.
Entscheidend ist in diesem Kontext nicht, ob eine Weisungsausübung im Einzelfall erfolgt. Die zeitliche Weisungsbindung kann nämlich auch bereits vertraglich fixiert sein. Hieran ändert es Nichts, wenn in Einzelfällen eine Abstimmung der Fußballplatznutzung nach den zeitlichen Möglichkeiten der Vereinstrainer erfolgt. Die Nutzung des Fußballplatzes erfolgt nämlich immer nur innerhalb der vom Verein vorgegebenen Mannschafts- und Trainingsstrukturen (Jugend-, Senioren- und Altherrenmannschaften), die typischerweise zu langfristig feststehenden Trainingszeiten trainieren (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30.07.2014 – L 5 R 4091/11, BeckRS 2015, 65403 im Kontext der Frage einer abhängigen Beschäftigung i.S.d. § 7 I 1 SGB IV von Handball- und Baseballtrainern). Dass auch Einzelabsprachen der Trainer untereinander über z.B. zusätzliche Trainingseinheiten getroffen werden, löst den einzelnen Trainer nicht aus dem durch den Verein vorgegebenen Strukturrahmen seiner Fußballabteilung (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30.07.2014 – L 5 R 4091/11, BeckRS 2015, 65403 im Kontext der Frage einer abhängigen Beschäftigung i.S.d. § 7 I 1 SGB IV von Handball- und Baseballtrainern). Solche Einzelabsprachen führen also nicht zu der Annahme, dass der Trainer über die Trainingszeiten der Mannschaft frei bestimmen könne.
Die Tätigkeit des Amateurtrainers ist somit nach Zeit, Ort und Dauer nicht von ihm zu gestalten. Vielmehr ist er als Amateurtrainer abhängig von den vom Verein zur Verfügung gestellten Sportstätten und den Belegungsplänen des Vereins. Der Trainer im Amateurfußball unterliegt also dem Weisungsrecht des Vereins in zeitlicher und örtlicher Hinsicht, was für die Arbeitnehmerschaft des Amateurtrainers spricht.
Ferner ergibt sich aus den vorangegangenen Ausführungen auch, dass der Amateurtrainer in den Organisationsbetrieb bzw. den Vereinsbetrieb eingegliedert ist. Denn die Eingliederung in einen fremden Betrieb ist typischerweise mit der Abhängigkeit von Weisungen des Arbeitgebers zum äußeren Arbeitsablauf verbunden. Ferner spricht für die Eingliederung in den Vereinsbetrieb, dass der Amateurtrainer die vom Verein gestellten Trainingsutensilien in Anspruch nimmt (Bälle, Leibchen, Hütchen, Stangen usw.). Auch die Eingliederung des Amateurtrainers in den Organisationsbetrieb des Vereins spricht für die Arbeitnehmereigenschaft.
Dass die Trainertätigkeit im Amateurbereich in der Regel als Nebenbeschäftigung wahrgenommen wird und der Trainer nicht auf das daraus erzielte Entgelt wirtschaftlich angewiesen ist, führt dagegen nicht zur Annahme einer selbstständigen Tätigkeit, da die Schutzbedürftigkeit der betroffenen Person nicht ausschlaggebend für die Einstufung der Tätigkeit ist.
Die vorgenannten Umstände, die in die durchzuführende Gesamtabwägung einzubeziehen sind, rechtfertigen es, den Amateurtrainer grundsätzlich als Arbeitnehmer zu qualifizieren.